Jeder von uns kennt Schmerzen, die mehr oder weniger unangenehm als Warnsignal unseres Körpers agieren, sobald irgend etwas mit ihm nicht in Ordnung ist. Bei manchen Patienten ist der Schmerz relativ schnell wieder verschwunden oder macht sich infolge eines geringeren Schmerzempfindens weniger stark bemerkbar.
Bei anderen zeigt er sich derart unangenehm und langwierig – auch in Abhängigkeit des jeweiligen Auslösers -, dass er die Therapieerfolge beeinträchtigt oder gar zu einem chronischen Begleiter wird. Sieben Prozent der erwachsenen Bevölkerung hierzulande leiden unter permanenten Schmerzen.
Im Leipziger Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften wurde speziell für Schmerzpatienten eine neue Fitnessmethode entwickelt, die weniger schmerzempfindlich macht, indem sie die individuelle Schmerzschwelle erhöht.
Das sogenannte „Jymmin“ beschreibt eine Mischung aus Gymnastik an speziell präparierten Fitnessgeräten und der Produktion von Musik. Je nach Intensität der Bewegungen an Stepper, Zugstange oder Bauchtrainingsgerät werden mit Hilfe eines Sensorsystems unterschiedliche Arten von Tönen produziert.
In Kombination mit einer speziellen Software wird auf diese Weise eine individuelle Musik komponiert, die der Betroffene über Kopfhörer hört. Der Sportler komponiert gewissermaßen mit Hilfe der Fitnessgeräte und seiner eigenen Bewegungen seine Musik.
Laut Aussage der Wissenschaftler hilft Jymmin, die Schmerzschwelle um bis zu 50 % anzuheben. Dass folglich der Schmerz besser erträglich wird, führen sie auf eine erhöhte Endorphin-Ausschüttung zurück. Diese Hormone wirken gewissermaßen schmerzhemmend und scheinen durch die spezielle Kombination aus Sport und Musizieren vermehrt ausgeschüttet zu werden.
Mit dieser speziellen Fitnessmethode erhoffen sich die Forscher in Form einer Begleittherapie besondere Vorteile bei der Behandlung von Schmerzpatienten. Die Empfänglichkeit für Schmerzen könnte verringert werden und die Betroffenen an weitere Therapien effektiver teilnehmen lassen.
Wie interessant diese neue Trainingsmethode ist, zeigen auch Tests im Leistungssport: Sportler, die vor Wettkampfbeginn an den Jymmin-Geräten trainierten, zeigten bessere sportliche Leistungen als diejenigen, die sich mit herkömmlichen Methoden aufwärmten. Die Schmerzgrenzen scheinen auch bei ihnen auf diese Weise angehoben worden zu sein, so dass noch bessere Leistungen vom Körper abgerufen werden konnten.
Fritz, H. et al.
Musical Agency during Physical Exercise Decreases Pain
Front. Psychol.
1/2018